© Sabine Behrens
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Wilde Rebellen der Stadt- wild wachsende Pflanzen in Mauerfugen und Pflasterritzen

Wenn wir in den Bergen unterwegs sind, bewundern wir die Vielfalt der Bergblumen, das Blau der Enziane, das Rosa der Alpenrosen oder das Gelb der Arnika. Wir sind beeindruckt von Pflanzen die unter schwierigsten Bedingungen auf steilen Hängen, in Felsritzen und Gesteinsfugen wachsen. 

Aber auch direkt in unseren Straßen, auf dem Gehweg vor unserer Haustür gibt es bewundernswerte Überlebenskünstler, die in Mauerfugen und Pflasterritzen wachsen. Nur werden sie selten erkannt oder wertgeschätzt. Als "Unkraut" das überall "wuchert" werden sie oftmals abgeschnitten, ausgerissen oder mit Pestiziden vernichtet.

Dabei sind sie ein wichtiger Bestandteil der städtischen Ökosysteme. Sie wachsen unter Extrembedingungen, bieten Nektar und Pollen für Insekten, können Regenwasser aufnehmen und verbessern das urbane Klima. Sie schaffen Kleinstbiotope, sind Trittsteine für Biotopvernetzung und für die Artenvielfalt in der Stadt von großer Bedeutung.

Doch wie heißen eigentlich die Pflanzen, die in unseren Straßen wild in Mauerfugen und Pflasterritzen wachsen? Kaum jemand kennt sie, kaum jemand beachtet sie. 

Die Aktion "Krautschau" will das ändern und mehr Bewusstsein für die Bedeutung von Natur im urbanen Raum schaffen. Die Wildpflanzen werden bestimmt und der Name mit Kreide auf das Pflaster geschrieben. So wird eine Aufmerksamkeit für diese übersehene Biodiversität geschaffen.

Diese Idee ist nicht neu. Ein französischer Botaniker begann 2019 die Mauerfugen- und Pflasterritzenvegetation mit Kreide zu markieren, um so mehr Bewusstsein für diese Pflanzen zu schaffen. Die Idee verbreitete sich unter dem Hashtag #morethanweeds schnell in ganz Europa. Als #krautschau ist sie auch in Deutschland angekommen. Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung setzt sich dafür ein und ruft jährlich zu Aktionstagen auf. Aber die Krautschau kann auch unabhängig davon das ganze Jahr durchgeführt werden.

Im Juni 2025 haben wir einen Rundgang durch Linden gemacht und diese Fugen- und Ritzenvegetation gesucht und gefunden. Mit den kostenlosen Apps Flora Incognita und ObsIdentify oder einem Bestimmungsbuch lassen sich die Pflanzen gut bestimmen. So konnten wir unsere Artenkenntnis verbessern und gleichzeitig mehr Aufmerksamkeit für diese bewundernswerten Überlebenskünstler schaffen.

Aber die Aktion ist damit nicht beendet! Und jede und jeder ist herzlich eingeladen, sich zu beteiligen und den wilden Rebellen der städtischen Flora die Aufmerksamkeit und Wertschätzung zu geben, die sie verdienen.

Link: https://www.senckenberg.de/de/krautschau/

© Sabine Behrens
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